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San Zaccaria

Der Campo San Zaccaria im Stadtteil Castello ist heute ein Hotspot des Karnevals. Vor einigen Jahren war er trotz seiner Nähe zum Markusplatz noch ein Geheimtipp für Masken und Fotografen. Nun aber drängen sich nachmittags, wenn die Lichtverhältnisse am besten sind, zahlreiche Kostümierte um die besten Plätze vor der Marmorfassade der Chiesa San Zaccaria und präsentieren sich der Zuschauermenge. Aber kaum jemand interessiert sich für das, was hinter der Kirchenfassade steckt, obwohl es an Pracht und Schönheit dem Geschehen davor durchaus ebenbürtig ist. Vielleicht kann dieser Text dazu anregen, den Schritt über die Kirchenpforte zu wagen und eines der schönsten und geschichtsträchtigsten Gebäude Venedigs zu erkunden.

Die Chiesa San Zaccaria ist Teil eines um 827 gegründeten Klosters der Benediktinerinnen.  Patron ist der Prophet Zacharias, dessen Gebeine angeblich in der Kirche neben acht Dogen begraben sind. Bis 1797 fand jährlich zu Ostern eine durch den Dogen angeführte prächtige Prozession vom Markusdom nach San Zaccaria statt, auch im Gedenken an zwei Dogen, die im Frühmittelalter hier ermordet wurden.

Das Nonnenkloster San Zaccaria war eines der reichsten Venedigs, bedingt dadurch, dass viele vermögende venezianische Adelsfamilien dort ihre unverheirateten Töchter unterbrachten. Im 14. Jahrhundert soll das Kloster über 150 Häuser in der Stadt besessen haben, Grundstücke in der Nähe des Markusplatzes und viele Ländereien am Festland, der Terra Ferma. Dieser Reichtum ermöglichte den großzügigen Neubau der Kirche ab dem Jahre 1458. Zusätzliche Mittel brachten eine Reihe von Ablaßbriefen, die all jenen Gläubigen Vergebung der Sünden versprachen, die durch Spenden zum Bau der Kirche beitrugen.

Der Baumeister Antonio Gambello war federführend für den Bau dieser in Venedig einzigartigen Kirche, die den Übergang von der Gotik zur Renaissance zeigt. Beide Baustile fließen perfekt und harmonisch zusammen. 

Die in der ersten Bauphase entstandene untere Fassade wird von vielen aufwendigen Marmor- inkrustationen dominiert, deren Farben zwar schon etwas verblasst sind, aber immer noch einen herrlichen Hintergrund für Maskenfotos abgeben. Der kontrastreiche, ornamentale Stil erinnert an florentinische Kirchenbauten. Zentral links und rechts befinden sich Doppelreliefs der Propheten Jesaja, Jeremias, Hesekiel und Daniel.

Die obere Fassade zeigt klare Renaissance-Strukturen, ausgeführt mit weissem istrischem Marmor. Die vier Strebepfeiler in der sechsgeschossigen Fassade lassen den Bau höher erscheinen, die Kirche selbst ist als dreischiffige Basilika mit polygonalem Chorschluß ausgeführt.

Die Arbeiten verliefen sehr schleppend, nach dem Tod Gambellos 1481 führte Mauro Codussi den Bau fort, die endgültige Fertigstellung erfolgte erst gegen 1500. Die Kirche dient heute noch als Pfarrkirche, während das benachbarte Kloster 1797 unter Napoleon in eine Kaserne säkularisiert wurde, heute wird es von den Carabinieri als Amtsgebäude genutzt.

Der Innenraum der Chiesa San Zaccaria wurde reich ausgestattet, ihr unbestrittener Hauptanziehungspunkt ist jedoch das Gemälde „Sacra Conversazione“ von Giovanni Bellini. Entstanden 1505, zur gleichen Zeit wie die „Mona Lisa“ von Leonardo da Vinci, zeigt es die Jungfrau mit dem Kind, flankiert links durch die Hl. Katharina und Petrus, rechts die Hl. Lucia und Hieronymus. Die leuchtenden, warmen Farben dieses Renaissance-Meisterwerkes beeindrucken auch noch nach über 500 Jahren, die Plastizität und der fließende Übergang des Gemäldes in die Kirchenwand setzten damals neue Massstäbe für die Malkunst.

Etwas tiefer, von vielen Besuchern unbeachtet, liegt die Krypta aus dem 9. Jhdt., ein Überbleibsel des ersten Kirchenbaus von San Zaccaria mit den Grabstätten der acht Dogen. Hier befanden sich Chor und Apsis der Urkirche – heute ein beeindruckender, fast magischer Ort, verstärkt durch den Umstand, dass er fast immer unter Wasser steht.

Früher, zur Zeit des Nonnenklosters, muss der Campo San Zaccaria ein ruhiger, beschaulicher Platz gewesen sein. Von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang waren beide Zugänge verschlossen, der Hauptzugang von der Calle San Provolo (hier sieht man heute noch die Reste des Tores) und der kleine Durchgang zur Riva di Schiavoni.

Wenn sich am späten Nachmittag die Schatten ganz über den Campo gelegt haben, zieht die Schar der Masken und Fotografen weiter nach San Giorgio, um dort den Sonnenuntergang zu genießen. Obwohl sie vom Stadtteil Castello ins Sestiere di San Marco wechseln, bleiben sie in der selben Pfarrei – auch die Basilica San Giorgio Maggiore auf der gleichnamigen Insel gehört zur Pfarre San Zaccaria.